Domeniques Geschichte
Mein Name ist Domenique und ich bin 24 Jahre jung. Mein Leben änderte sich schlagartig durch einen Zufallsbefund.
Zu der Zeit war ich 19 Jahre alt. Ich befand mich gerade in der Ausbildung zur med. Praxisassistentin. Es war ein stinknormaler Montag und ich untersuchte zu Lernzwecken mein eigenes Blut. Mir ging es gut, es war für mich lediglich eine reine Übung. Als das Laborgerät in der Praxis einen Wert anzeigte, der alles andere als normal ist, wiederholte ich die Analyse mehrmals. Ich dachte, das Laborgerät funktioniert nicht richtig oder ich habe einen Fehler gemacht. Gerade als "Lehrling" denkt man nicht gerade an etwas Böses, zudem es mir ja gut ging.
Lange Rede kurzer Sinn; meine Mutter ist ebenfalls med. Praxisassistentin und ihr läuteten natürlich direkt die Alarmglocken. Kurze Zeit darauf befand ich mich auch schon in der Notaufnahme im Kantonsspital St. Gallen, als mir dann nach stundenlangen Warten mitgeteilt wurde, dass ich an akuter lymphatischer Leukämie erkrankt bin. Ich denke, es erübrigt sich zu erwähnen, dass dies ein Schock war.
Ich war froh, dass meine Liebsten in diesem Moment bei mir waren. Schnell wurde klar, dass ich nach mehreren Chemo- und Bestrahlungszyklen auf eine Stammzellenspende angewiesen bin. Zuerst hiess es, dass meine Zwillingsschwester ihre Stammzellen spenden kann. Für mich war diese Vorstellung natürlich wunderschön, nur leider wurde uns diese Erleichterung auch schnell wieder genommen. Ein Gentest stellte "leider" fest, dass wir eineiig sind, was eigentlich ja eine schöne Nachricht ist, mich aber somit wieder ohne Spender dastehen liess. Es musste nämlich dann doch eine Fremdspende sein. Nach zum Glück nur wenigen Monaten auf der Warteliste bekam ich das erlösende Telefon. Ein Spender wurde gefunden! Somit war aber klar, dass der Aufenthalt im Unispital Zürich in der Isolation nicht mehr lange auf sich warten lässt. Angst und Freude zugleich machten sich in meinem Körper breit.
Auch wenn ich grosse Angst vom Aufenthalt in Zürich hatte, wusste ich, dass danach alles gut sein würde. Ich befand mich auf der Zielgeraden. Nur wenige Wochen oder Monate trennten meine Familie und mich von der Erleichterung, dass keine Chemos, Bestrahlungen oder andere Plagen mehr anstehen würden.
Als dann endlich der Tag der Transplantation gekommen war am 20. April 2018, musste ich schon etwas schmunzeln. Ich habe mir etwas ganz anderes darunter vorgestellt. Es sah aus, wie eine normale Eiseninfusion, die einem venös zugeführt wird. Nur die Farbe war anders. Es sah aus wie abgestandene Milch. Und das würde mir mein Leben retten?
Schön, dass ich trotz allem meinen Humor nicht verloren hatte. An dieser Stelle muss ich meiner Familie und vor allem meiner Mutter ein grosses Dankeschön aussprechen. Ohne sie und ihre Leichtigkeit, trotz einer so schweren Diagnose, wäre ich ganz einfach aufgeschmissen gewesen. Nur dank meiner Familie konnte ich überhaupt so stark sein.
Nach ungefähr 4 harten Wochen, die ich nie mehr erleben möchte, durfte ich nun endlich das Spital verlassen. Ich fühlte mich wie ein Gerät, das auf "Reset" gestellt wurde. Nun ging es nur darum, dass ich mich erhole. Akku neu aufladen und das ganze verarbeiten.
Nun sitze ich hier, 12. Oktober 2021, und schreibe diesen Text und kann mich noch an jedes noch so kleine Detail erinnern. Mir geht es gut und ich bin froh, dass ich heute hier stehe.
Ich bin einfach nur dankbar. Dankbar, dass alles so ist, wie es ist. Dankbar, dass ich kennenlernen durfte, wie stark ein Mensch sein kann und wie tief unten man sein kann und es trotzdem wieder nach oben gehen kann. Dankbar gegenüber dieser Person, die sich dafür entschieden hat, sich als Stammzellspender zu registrieren.